Abkehr von Schnheit und Ideal in der Liebeslyrik

Die hohe Minne und die hfische Liebe bestimmen unser Bild der Liebeslyrik, das durch die Textauswahl der Philologen sowie ihre Urteile entscheidend geprgt wurde. Die 27 Beitrge dieses Bandes behandeln - mit romanistischem Schwerpunkt - Gedichte aus acht europischen Literaturen und neun Jahrhunderten. Sie zeigen, da bereits im Mittelalter die irdischen Aspekte der Liebe bis hin zur Gewaltttigkeit dargestellt wurden, und dies nicht nur in Sammlungen wie den Carmina Burana, sondern auch in den Gesngen der Troubadours. Die Anbetung einer idealen Geliebten ist nur eine mgliche Haltung; gleichzeitig finden wir deutlich misogyne Tendenzen, oder eben die Liebe zu einer Frau, die nicht den stereotypen Vorstellungen innerer und uerer Vollkommenheit entspricht. Gleichzeitig wird deutlich, da die Texte, die sich von den Idealen der hfischen Liebe abwenden, durchaus in einer eigenen Tradition stehen und nicht nur als Gegenbewegung wie der Antipetrarkismus verstanden werden drfen. Die Umwertung des Schnen und des Hsslichen, die das sthetische Denken im 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, bleibt nicht ohne Wirkung auf die Beurteilung weiblicher Reize und auf die Liebeslyrik im 19. und 20. Jahrhundert.