Architektur, Atmosphre, Wahrnehmung

Nach Rom Architekturstudenten zu schicken heit, sie fr ihr ganzes Leben zu ruinieren. (Le Corbusier 1922). Im Sinne dieses Verdikts hat sich die Architekturmoderne radikal von der klassizistischen Tradition abgewandt, in der die antike Baukunst als Schulung, Folie und Muster galt, indem man ihre Formen, Strukturen und Proportionen formalsthetisch analysierte und nachahmte. Doch gab es bereits in der Antike ein anderes Konzept von Architekturverstndnis: das sinnliche Erleben von Raumsequenzen und die Gestaltung von Atmosphren. Vorgefhrt wird uns ein solches Verstndnis in Bauten wie der Villa Hadriana aber auch in den Villenbriefen des rmischen Senators Plinius d. J. (um 100 n. Chr.). Von Architekten wurden Letztere lebhaft diskutiert, bis die Moderne jede Beschftigung mit der Antike untersagte.Der Band Architektur, Atmosphre, Wahrnehmung versammelt nun zehn Beitrge, die wieder alle mehr oder weniger intensiv als Ausgangsbasis die Villenbriefe nutzen, allerdings nicht, um mit ihnen einen formalsthetischen Zugriff auf die Antike wiederzubeleben, sondern, weil der von Plinius vorgefhrte und in der Forschung bis dato vernachlssigte Blick auf die rmische Villa unter dem Aspekt einer sequentiellen Sinnlichkeit eine Chance fr das Bauen heute ist.Im Ergebnis kann man festhalten: Egal ob man Architekturstudenten nach Rom schickt oder nicht in jedem Fall sollte man sie Plinius lesen lassen.