Darwins W"rmer und Freuds Tod

Menschliches Leid - Krankheit, Trennung, Tod - war ber lange Zeit nur mit Aussicht auf das Leben nach dem Tod, auf Erlsung zu ertragen. Nach dem irdischen Jammertal wartete der himmlische Frieden. In einer Zeit, in der das Gttliche nur eine von vielen Erklrungen fr unseren Ursprung, die Existenz des Bsen, fr Unrecht und Leid ist, fllt es uns oft schwer, den unvermeidlichen kleinen und groen Katastrophen und vor allem dem Tod einen Platz in unserem Leben einzurumen. Psychotherapien sind hufig eine Art Verlustberatung. Adam Phillips zeigt in diesem Buch, dass es mglich und sogar beraus wichtig ist, der Welt dennoch mit Interesse und Liebe zu begegnen.Dafr zieht er zwei der herausragendsten, einflussreichsten Denker - Naturalisten - des 19. Jahrhunderts heran: Darwin und Freud haben sich - der eine vom naturwissenschaftlichen, der andere vom psychoanalytischen Standpunkt aus - mit dem Leben, zu dem der Tod und die Rtselhaftigkeit der Verluste gehren, auseinandergesetzt. Darwin beschftigte sich kurz nach Beendigung seiner Reise mit der "Beagle" unter anderem mit der Erdaufbereitung durch Regenwrmer, deren Leistungen ihn faszinierten. In einem Vortrag vor der Geological Society of London und in seinem letzten Buch "Formation of Vegetable Mould through the Action of the Worms. With Observations on their Habits" wrdigte Darwin die Arbeit der Wrmer: Indem sie verdauen, schaffen sie fruchtbaren Boden und bewahren archologische Schtze vor dem Verrotten auf der Erdoberflche. Ihre Art, um das berleben zu kmpfen, nutzt anderen, ist schpferisch.Gilt bei Darwin der Kampf in erster Linie dem berleben mit dem Ziel der Fortpflanzung und Arterhaltung, gilt er bei Freud der Trieb- und Bedrfnisbefriedigung. In seinem Sptwerk spekulierte Freud, es gebe einen Todestrieb, der ber allen anderen Trieben stehe, ihnen zugrunde liege, und stellte bereits in "Jenseits des Lustprinzips" fest, dass das Ziel allen Lebens der Tod sei. Wenn wir, wie Freuds berlegungen nahe legen, selbstbestimmt sterben wollen und auf unser Sterben vorausschauen, integrieren wir den Tod ins Leben.Lsst man sich auf Adam Phillips' unterhaltsame, zum Nachdenken anregende Argumentation ein, ffnen die dargestellten Ausschnitte der Gedankenwelten Freuds und Darwins die Augen fr die Schnheit des Vergnglichen und ermutigen, nicht vor der eigenen Sterblichkeit zurckzuschrecken.Dr. med. Florian Langegger, Psychiater und Psychotherapeut, ist als Supervisor und Lehranalytiker sowie in privater Praxis in Zrich und in Uttwil am Bodensee ttig. Er ist Autor und hat bereits mehrere Sachbcher aus dem Englischen bersetzt.