Das Buch vom Es

"LIEBE FREUNDIN, SIE WNSCHEN, DASS ICH IHNEN SCHREIBE,
nichts Persnliches, keinen Klatsch, keine Redensarten, sondern ernst, belehrend, womglich wissenschaftlich. Das ist schlimm.
Was habe ich Armer mit Wissenschaft zu tun? Das bichen, was man als praktischer Arzt ntig hat, kann ich Ihnen doch nicht vorfhren, sonst sehen Sie, wie lchrig das Hemd ist, das unsereiner unter dem Staatsgewande der Approbation als Arzt trgt. Aber vielleicht ist Ihnen mit der Erzhlung gedient, warum ich Arzt wurde und wie ich zu der Abneigung gegen das Wissen gekommen bin.
Ich besinne mich nicht, da ich als Knabe besondere Neigung fr das Arztsein gehabt habe, vor allem wei ich bestimmt, da ich nie, auch spter nicht, mit diesem Beruf menschenfreundliche Gefhle verbunden htte ; und wenn ich midi, was wohl geschehen st, mit solchen edlen Worten zierte, so verzeihe mir ein mildes Gericht mein Lgen. Arzt wurde ich, weil mein Vater es war. Er hatte all meinen Brdern verboten, diese Laufbahn einzuschlagen, vermutlich weil er sich und andern gern einreden wollte, seine finanziellen Schwierigkeiten seien durch die schlechte Bezahlung des Arztes bedingt, was durchaus nicht der Fall war, da er bei alt und jung als ein guter Arzt gerhmt und dementsprechend entlohnt wurde. Aber er liebte es, wie sein Sohn auch und wie wohl ein jeder, nach auen zu blicken, wenn er wute, da in ihm selber etwas nicht stimmte." [...]

Wunderbares Werk des deutschen Arzt, Schriftsteller und Wegbereiter der Psychosomatik Georg Groddeck.
Dieses Buch ist ein unvernderter Nachdruck der lngt vergriffenen Originalausgabe der dritten Auflage von 1934.