Skönlitteratur
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Den Loewenzahn zermalmt nicht die Kesselpauke oder Hinwendung zur Geborgenheit
Bernhard Schulz
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Das Ende kommt nicht mit Trompetenschall und Trommelwirbel. Der Krieg ist aus. Einfach so, als sei ein Zug entgleist mit Toten und Verletzten.Keine Bomben mehr. Keine Nchte im Luftschutzkeller. Keine Festnahmen wegen Deftismus. Keine Sondermeldungen. Keine zuhauf unterschriebenen Briefe vom Kompaniechef: Gefallen fr Fhrer und Vaterland, Ihr Sohn ist ein Held. Zum Teufel mit den Strategen, die das Wort Napoleon nur als Marke fr Cognac kennen und nicht als Denkmal fr den blamabelsten Feldzug aller Zeiten. Die Berichte ber die Flucht der napoleonischen Armeen fllen Archive gro wie Fuballfelder. In Russland siegen nicht die Kanonen, in Russland siegen die Luse. Der Krieg ist aus. Welch eine Vernderung. Welch eine Auferstehung. Welch eine Hoffnung. Wir, die am Leben geblieben sind, entdecken pltzlich die Natur. Wir bewundern ihre Geheimnisse. Wir ertasten ihre Hinweise auf den Ursprung. Wir erforschen die Umwelt. Wir kmmern uns um die kleinen Dinge. Die groen Dinge waren uns zu gro. Der Schmetterling ist ein kleines Ding, das Schneeglckchen, die Taubenfeder und doch erwecken sie im Herzen den Anhauch innerer Seligkeit. Die Taubenfeder ist ein Nichts und doch ein Symbol fr den Frieden. Dem Heimchen unter dem Fuboden einer Krankenstube drhnt keine Fanfare. Den Lwenzahn am Straenrand zermalmt nicht die Kesselpauke. Den Fliederstrauch im Park entwurzelt nicht die Zehnzentnerbombe. Die Seejungfer, die sich vom See her in die Stadt verirrt hat, weckt unsere Neugier. Das Insekt bedeutet uns mehr als vordem die Meldung ber die Verleihung von Eichenlaub an den Trger eines Ritterkreuzes. Jeder versucht auf seine Art, den Krieg zu vergessen und zur Geborgenheit zurckzukehren. Wir lauschen den Worten der Tante, die das Alpenglhen liebt. Ein Mann dankt dem Regen, der an die Fenster des Bros prasselt, in dem er seiner stupiden Ttigkeit nachgeht. Das ltere Frulein Kramer fhlt sich nur wohl hinter der Schreibmaschine. Ein Jger setzt seinen Regenschirm ein als Waffe gegen den Verdruss. Wir sind dem Untergang entkommen. Eine Welle von Dankbarkeit und Entschlossenheit treibt uns voran. Es ist fast wie Glck. Wir rumen die Trmmer auf. Wir schaufeln die Straen frei. Wir setzen den Ruinen Fenster und Tren ein. Wir flicken das Dach mit Pappe. Wir brsten den Brandgeruch aus den Kleidern. Wir helfen einander. In jeder Stube haust ein Paar mit Kind, Katze und Vogelbauer. Die neuen Wrter heien Wohngemeinschaft, Brotmarke, Kohlenklau. Das Wort Kostennutzungsrechnung haben wir noch nicht gespeichert. Tarifkonflikt, Wachstumsprognose, Preiskampf per Mausklick - was ist das? Wir verzichten auf Beifall, Eichenlaub und Schmiergeld. Wir basteln Kochherde und Betten. Wir leimen Tische und Sthle zusammen. Im Winter kuscheln wir in Decken, die wir uns gestohlen haben und die nach Kaserne riechen. Im Radio werden die Nachrichten ohne Marschmusik angesagt. Unsere Sehnsucht nach Geborgenheit stillt das Huschen im Schrebergarten. Wir bringen unseren K...
- Format: Pocket/Paperback
- ISBN: 9781986760126
- Språk: Tyska
- Antal sidor: 540
- Utgivningsdatum: 2018-03-22
- Förlag: Createspace Independent Publishing Platform