Die familiaere Katastrophe - Wng Wnxings literarischer Bildersturm

Xi o - der absolute Gehorsam des Kindes den Eltern gegenber - ist ein zentraler Gedanke der traditionellen chinesischen Gesellschaft, wie sie im heutigen Tiwan fortlebt. Mit diesem Instrument der totalen Beherrschung der Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein haben Eltern seit Generationen die individuelle Entfaltung ihrer Nachkommen unter Kontrolle. In den Hnden heuchlerischer Eltern, die eigene charakterliche Schwchen hinter dem Pochen auf Einhaltung konfuzianischer Prinzipien verstecken, kann das Leben in der Familie, der Mikroprojektion des konfuzianischen Staates, fr die Kinder zur Hlle werden. In der Konfrontation der alten chinesischen Kultur mit dem modernen Drang der Jugend nach Selbstverwirklichung ergibt sich fr einen jungen introvertierten Menschen ein kaum zu lsender Konflikt, der sich auch in seiner Sprache als Ablehnung der korrekten Artikulation, als Weigerung der bernahme berkommener Sprachbilder, als Rechtfertigungsnot vor einer bermchtigen, orthodoxen Gesellschaft uert. Fr den deutschen Leser wird ein Roman entdeckt, der wie kein anderer die literarische Szene Tiwans erschttert hat und der auch das westliche Publikum tief berhren wird. Ursprnglich als Plagiat des Ulysses verkannt, ist die Familire Katastrophe inzwischen zu einem Literaturdenkmal geworden, das hinsichtlich Inhalt, Struktur und Sprache seinesgleichen sucht. Dem sprachwissenschaftlich interessierten Leser wird fr das Chinesische ein Einblick in die Mglichkeiten der sprachlichen Manipulation geboten, wie sie Joyce am Englischen und Arno Schmidt am Deutschen exemplifiziert haben.