Die Kirche der Vter

Thomas Graumann untersucht die Entstehung einer theologischen Denk- und Argumentationsform, die als Vterbeweis bezeichnet wird. Dabei geht es um eine Form der Berufung auf Tradition, die bestimmte Personen namentlich als Autoritten ('Vter') benennt und ihr Denken durch explizite Zitate begrndet. Beide Elemente tauchen erstmals im Zuge der trinittstheologischen Kontroversen des 4. Jahrhunderts auf, genauer in der Auseinandersetzung zwischen Markell von Ankyra und Euseb von Caesarea. Whrend Markell diese Art der Argumentation der Gegner kritisch gegen die alleinige Autoritt der Heiligen Schrift ausspielen will, entdeckt sie Euseb als ein Merkmal des 'Kirchlichen' und der zu fordernden Kontinuitt von 'Theologie'. Thomas Graumann untersucht, wie in der Folgezeit durch die Berufung auf Vter theologische Einsichten verdeutlicht und begrndet wurden und wie dabei zugleich die Frage nach einem eigenen kirchlichen Standort mitbeantwortet wurde. Kyrill von Alexandrien schlielich formt zu Beginn des 5. Jahrhunderts in der Kontroverse mit Nestorius diese Anstze zu einem frmlichen Vterbeweis. Darum liegt ein weiterer Schwerpunkt in der Analyse des publizistischen Streits mit Nestorius und der detailgenauen Auswertung der Akten des Konzils von Ephesus. Die Bedeutung des Vterthemas fr die Selbstwahrnehmung der Konkurrenten und fr das Konzilsgeschehen erscheint so in einem neuen Licht. Auch die an das Konzil anschlieenden Friedensverhandlungen stehen im Zeichen der Suche nach gemeinsamen Vtern. Das Konzil von Ephesus erweist sich als Knotenpunkt der vorherigen Entwicklung und Quellpunkt der weiteren Nutzung dieses Verfahrens, das sptestens mit dem Konzil von Chalcedon (451) zur 'normalen' theologischen Methode wird. In der Pflege gemeinsamer Vtererinnerung beschreibt das Vterdenken zugleich einen wesentlichen Ausschnitt des kirchlichen Selbstbewutseins frhbyzantinischer Prgung und steht so gleichsam stellvertretend fr eine (im Altertum) theoretisch nie formulierte stliche Ekklesiologie.