Gefuhl und Erkenntnis

Erkenntnis gehört seit jeher in das Ressort der Vernunft. Die Vernunftvermittelt uns die objektive Erkenntnis unserer Realität; Gefühle sinddabei nur hinderlich und eine gefährliche Täuschungsquelle. Diese Dichotomiezwischen Gefühl und Vernunft und die damit verbundene Abwertung der Gefühlehat sich im antiken Griechenland herausgebildet. Damals wurde die Vernunftzum Wesenskern der Person erhoben und die Gefühle wurden zu wilden Bestien,die den Menschen von Zeit zu Zeit unkontrolliert überfallen und ihn beieiner sinnvollen und vernünftigen Lebensweise stören. Sie mußten deshalbso gut wie möglich unterdrückt werden. Diese Ansicht beherrschte bis indie 80er Jahre des 20. Jahrhunderts die öffentliche Diskussion, die freieWirtschaft, die Wissenschaft vom Menschen und auch die Philosophie. Seitdembeginnt sich eine Trendwende abzuzeichnen. Mit dem eingängigen Schlagwort"Vom IQ zum EQ" machte Daniel Goleman in seinem Bestseller "Emotional Intelligence"auf Mängel der reinen Vernunft aufmerksam und plädierte für ein Umdenkenüber die Rolle der Gefühle für erfolgreiches und vernünftiges menschlichesHandeln. Damit hat er populär gemacht, was sich bereits früher in verschiedenenwissenschaftlichen Disziplinen angebahnt hat. Ausgehend von dieser "emotionalenWende" befasst sich das Buch mit anthropologischen und erkenntnistheoretischenDimensionen dieser Neubewertung der Gefühle.