Geschlechtersozialisation aus biologischer Sicht. Anlage und Erziehung

Bei der Geschlechtszugehrigkeit handelt es sich um eines der grundlegenden menschlichen Unterscheidungsmerkmale. In hnlicher Weise kommt der Geschlechterdebatte im Rahmen der Sozialisationsforschung ein besonderer Stellenwert zu. Thematisiert wird dabei schwerpunktmig, auf welche Weise geschlechtsspezifische Verhaltensweisen und Persnlichkeitsmerkmale im Proze der frhkindlichen Sozialisation angeeignet werden und schlielich zum Erwerb einer stabilen Geschlechtsidentitt fhren. Wo liegen jedoch die Ursachen fr typisch weibliches oder mnnliches Rollenverhalten? Werden geschlechtsspezifische Verhaltensweisen vorrangig gelernt, sind sie als Folgen biologischer Reifungsprozesse anzusehen oder ist diese Dichotomisierung von Anlage und Umwelt, die sich auch in der Unterscheidung von 'Sex' und 'Gender' in der Geschlechterdebatte widerspiegelt, berflssig oder sogar kontraproduktiv? Michael Lenz setzt sich bei der Klrung dieser Fragen zunchst mit zentralen Anstzen der Geschlechtersozialisation aus den Bereichen der Psychoanalyse, Kognitionspsychologie und des konstruktivistisch-orientierten Feminismus auseinander. Anschlieend werden diesen Konzepten neue Erkenntnisse aus biologischen Disziplinen wie der Evolutionsbiologie, Primatologie und der Verhaltensgenetik gegenbergestellt. Dabei wird deutlich, da die Auseinandersetzung mit biologischem Wissen in der Sozialisationsforschung dringend einzufordern ist, um durch eine interdisziplinre Sichtweise der Klrung grundlegender Fragen in der Geschlechterdebatte nherzukommen. Gerade eine derartige Auseinandersetzung mit biologischen Rahmenbedingungen erfolgt jedoch in sozialisationstheoretischen Anstzen nur am Rande. Im Anschlu an den Nachweis, da sich sozialisationstheoretische und biologische Anstze nicht zwangslufig ausschlieen mssen, richtet der Autor anhand von fnf Thesen Forderungen an die weitere Arbeit in der Sozialisationsforschung und -theoriebildung.