Kanonisches Recht und europische Rechtskultur

Das vorliegende Werk ist die bersetzung des 1996 erschienenen Buches The Spirit of Classical Canon Law des Rechtshistorikers Richard H. Helmholz. Darin stellt er weit ber das unmittelbare Kirchenrecht hinaus das klassische kanonische Recht als geistiges Produkt des hohen Mittelalters vom 12. bis 14. Jahrhundert vor, ebenso die Entwicklung bis in die frhe Neuzeit. Mit groer Sachkunde whlt Helmholz charakteristische Bereiche, in denen das kirchliche Recht u.a. z.B. modernes Grundrechtsdenken geprgt hat: so bei der Freiheit zur Eheschlieung, dem Verbot doppelter Strafverfolgung oder beim Anspruch auf juristische Frsorge bei Bedrftigen. Helmholz fhrt darber hinaus die Bedeutung der Sakramente fr die kirchliche Rechtsordnung am Beispiel der Taufe vor; er zeigt im Abschnitt zur Exkommunikation, wie die Kirche Sanktionen ausbildete und in der Gesellschaft durchsetzen konnte. Das vielfltige und spannungsreiche Verhltnis der Kirche zur weltlichen Rechtsordnung wird ebenso in zahlreichen Phasen erfasst wie der groe Anteil der Kanonistik in der Geschichte des Prozessrechts. Besonders informativ ist weiterhin das Kapitel ber Blasphemie, sind doch die einschlgigen Probleme in der multikulturellen Gesellschaft der Gegenwart berraschend aktuell geworden. Schlielich prft Helmholz das Papsttum als zentrale Institution am Beispiel der ppstlichen Privilegien, zeigt dabei die Grenzen seiner Macht in der mittelalterlichen Rechtswirklichkeit auf. Weit von einer Apologie des mittelalterlichen kanonischen Rechts entfernt, betont der Verfasser auch dessen Fremdheit; die von Helmholz als anspruchsvoll bezeichnete kirchliche Rechtsordnung will das Seelenheil frdern, die Menschen zum Guten fhren, wobei sie eben nicht von einer strengen Trennung der Bereiche Recht und Moral ausgeht.