Klassenfoto mit Massenmrder

Niedersachsen, August 1961. Der Klassenlehrer Walter Wilke wird in seiner Dorfschule aus dem Unterricht abgeholt und spter in einem der ersten groen Prozesse ber deutsche Verbrechen in Osteuropa verurteilt. In seinem kleinen Ort wird ber die Sache nicht gesprochen. Spter kehrt der Mann zurck und lebt bis zu seinem Tod 1989 zurckgezogen im Dorf. Seine Frau, mit der er ber Jahre in Bigamie gelebt hatte, ist die beliebte Landrztin. Jrgen Gckel, mehrfach ausgezeichneter Gerichtsreporter, geht einer Spur nach. Einer Geschichte, die ihn seit der Schulzeit beschftigt, denn Walter Wilke war sein erster Lehrer. Gckel rekonstruiert einen einzigartigen Lebensweg: Walter war in Wahrheit Artur Wilke, der die Identitt seines gefallenen Bruders angenommen hatte. Artur selbst war studierter Theologe und Archologe, im Dritten Reich der SS beigetreten, nachweislich an Massenerschieungen von Juden beteiligt, galt als gefrchteter Partisanen-Jger und wurde nach dem Krieg dann Volksschullehrer. Sein Name ist mit grauenhaften Kriegsverbrechen verbunden, doch zur Rechenschaft gezogen wurde er fr seine Taten im Partisanenkampf nie. Das Buch zeichnet nicht nur eine spektakulre deutsche Biografie im 20. Jahrhundert nach die Entwicklung eines Intellektuellen zum Tter und die Verneinung jeglicher persnlicher Schuld, das Wegsehen der Gesellschaft. Es zeigt auch auf, wie schwierig das Erinnern ist, wie unterschiedlich Erlebtes bewertet wird und wie schwer die Erarbeitung historischer Wahrheit letztlich ist. Auch nach der Sichtung mehrerer zehntausend Seiten Gerichtsakten und anderer Dokumente bleiben scheinbar einfache Fragen offen. Eine wahre Geschichte ber Bigamie und Theologie, Verbrechen und Vertuschung, ber die deutsche Nachkriegsgesellschaft und ber eine familire Tragdie.