Kultur als Lebenswelt

Im gegenwrtigen Protestantismus wird Kultur wieder zu einem zentralen Thema. Am Ende dieses Jahrhunderts melden sich damit Problemstellungen zurck, die in der radikalen Abkehr der dialektischen Theologie vom sogenannten Kulturprotestantismus, aber auch im Horizont einer kritischen Gesellschaftstheorie als erledigt galten. Die systematische Theologie leistet zu dieser neuen Diskussionslage ihren Beitrag, indem sie die paradigmatischen Entwrfe der Kulturtheologie im 20. Jahrhundert kritisch rekonstruiert. Michael Moxter zeigt gemeinsame Mngel der verschiedenen Positionen, die um das Recht einer Theologie der Kultur streiten. Paul Tillichs Symboltheorie bleibt mit einer realistischen Ontologie verflochten. Karl Barth interpretiert Kultur einseitig unter dem Gesichtspunkt einer dem Menschen gestellten Aufgabe. Beide versumen die Entfaltung einer phnomenologischen und semiotischen Kulturtheorie, wie sie in Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen Kontur gewinnt. Michael Moxter korrigiert die Alternative 'Barth oder Tillich?' zugunsten eines 'Weder Barth noch Tillich!'. Dadurch erhlt das Phnomen der Lebenswelt in ihrer Ambivalenz von vertrauter Nhe und irritierender Fremdheit einen zentralen systematisch-theologischen Stellenwert. Die Kulturbedeutung des Protestantismus entscheidet sich an seiner Kompetenz, die Lebenswelt als Zeichenwelt deuten.