Medizin und Krankheit im frhen Kino

Das frhe Kino der Stummfilm (ca. 1895-1927) erscheint vielen Zuschauern auch heute noch in einem unschmeichelhaften Licht. Oft wird es als eine Art unfertiger Vorlufer des Ton-Kinos, des richtigen Films, wahrgenommen, welcher neben der Tonlosigkeit auch noch zu theatralischem Schauspiel, Schwarz-Wei-Optik und hektisch-beschleunigter Wiedergabegeschwindigkeit neige Opas Kino, sagt der Volksmund. Doch dieses Vorurteil verblasst: Der Stummfilm wird als Kunstform wahrgenommen. Der Autor begibt sich auf Spurensuche: Welchen historischen Beitrag kann die Erschlieung dieser Kunstform mit ihrer Darstellung groer Fachgebiete wie Psychiatrie, Neurologie, Innere Medizin und Chirurgie leisten? Finden sich auch Disziplinen wie Zahnmedizin, Gynkologie oder Dermatologie wieder? In 453 untersuchten medizinischen Filmen finden sich viele ethische Kontroversen des frhen 20. Jahrhunderts z. B. Geburtenkontrolle, Eugenik oder Homosexualitt wieder, was das Potential des Kinos als Zeitzeuge unterstreicht. Seine unterschtzten Funktionen als zeit- wie medizinhistorische Quelle und Spiegel der Gesellschaft werden herausgearbeitet, zudem knnen neue filmhistorische Strmungen definiert und das zentrale Leitmotiv der Medizindarstellung im frhen Film abgeleitet werden: die Iatro- und Pathophobie. Diese Ergebnisse offenbaren verblffende Qualitten einer rasch zum Massenmedium avancierten Kunstform, die Denken und Handeln der Kinognger und damit die Medizingeschichte prgte. Der Autor Dr. Dennis Henkel studierte Philosophie, Theater-Film-Fernsehwissenschaften, Kunstgeschichte an der Universitt zu Kln. Er promovierte zum Thema Darstellung von Sucht und Drogen in frhen Film und ist seitdem als Dozent, Autor, und Herausgeber und am Institut fr Geschichte und Ethik der Medizin in Kln ttig, zuletzt zum Thema Demenzdarstellung im Film. Eine abgewandelte Version des vorliegenden Buches wurde im Jahre 2024 als Habilitationsschrift an der Medizinischen Fakultt in Kln eingereicht.