Motiv und Gedanke bei Johann Sebastian Bach

Die Kompositionen von Johann Sebastian Bach sind inhaltsleer und bedeutungslos. Zu dieser radikalen und irritierenden Erkenntnis gelangt das vorliegende Buch gerade deshalb, weil Bachs Musik geprgt ist durch latente Mehrdeutigkeiten, semantische Bezge und individuelle Erinnerungsmotive. Bachs Musikstcke bilden ein eigenes kognitives Netzwerk, das im strukturellen Kern auf iterativen Rekursionen basiert, die einerseits eine motivische Begrifflichkeit sui generis im Sinne der Hermeneutik entstehen lassen, und die andererseits Spiegelbild kognitiver Prozesse schlechthin sind, die deshalb auch als Grundmuster unseres Denkens aufgefasst werden knnen. Dabei greift Bach auf induktiv semantische Motive zurck, deren Entstehung und Verwendung an Hand von eingehenden Analysen ausgewhlter Kompositionen aufgezeigt werden. In weiteren, diskursiven Kapiteln verweist das Buch interdisziplinr auf analoges Schaffen anderer Knstler. So lassen sich Vergleiche ziehen, die von Michelangelo bis Gerhard Richter und von Ovid bis Wittgenstein reichen.
Das Buch wendet sich sowohl an diejenigen, die im Bereich musiktheoretischer Analysen neue Impulse fr die eigene Beschftigung mit Bachs Musik suchen, als auch an solche Leser, die in den Strukturen der Kompositionen mathematisch interpretierbare Muster bereits selbst erkannt haben und besser verstehen wollen. In den zentralen Kapiteln des Buches wird eingegangen auf Bachs Auffassung vom musikalischen Dualismus, seine Beschftigung mit Heinichens Der General-Bass in der Composition" aus dem Jahr 1728 und den Grund wechselseitiger Zitate in den Musikstcken Bachs. Gleichzeitig werden die dahinter liegenden, mathematisch interpretierbaren Strukturmuster aufgedeckt, die jenseits einer Zahlensymbolik und Kryptographie zu finden und zu deuten sind. Das Buch verbindet beide Aspekte - Musiktheorie und Algorithmik - zur Idee einer produktiven Inversion und kreativen Kraft in Bachs Musik, verdichtet zum semantischen Zeichen, aufgefasst als Sym