Tabus und Tabubrche als Symptome gesellschaftlicher Verhltnisse

Der Sammelband behandelt aus den Perspektiven der Kultur- und Gesellschaftswissenschaften das Phnomen Tabu und seine vielseitigen Ausprgungen schwerpunktmig in der zeitgenssischen europischen Gesellschaft. Zwar entstammt das Konzept selbst den polynesischen Gesellschaften, die durch Seefahrer im 18. Jahrhundert entdeckt wurden, aber durch Missionsbewegungen in der Ferne, Romantisierungen in der Heimat und die europische Aufklrung entwickelte sich ein ganz eigenes Tabukonzept in Europa, das bis heute starke sozial ordnende Effekte hat. Tabus legen fest, was von Mitgliedern einer Gruppe an Gedanken, Handlungen, Gefhlen und Themen zugelassen wird und was nicht, und gleichzeitig sind Tabubehauptungen und Tabubrche auch Thematisierungsstrategien. Der Band folgt daher der These, dass Tabugrenzen nicht nur stetig ausgehandelt werden, sondern auch als soziale Konstrukte gesellschaftliche Verhltnisse wiederspiegeln. Enttabuisierungsbestrebungen, beispielsweise in Bezug auf psychische Krankheiten oder auf die Kommunikation von Gewalterfahrungen werden heutzutage oft mit Hochwertkonzepten wie Selbstbestimmung, Diversitt und Gleichberechtigung legitimiert. Gleichzeitig verschrfen sich auch Tabugrenzen, wenn es z. B. um die Stigmatisierung von Diskriminierung geht. Vernderungen in den Tabugrenzen sind also nicht zufllig, sondern Ausdruck von gesellschaftlichen Verhltnissen und Entwicklungen. Die Beitrge werfen aus den verschiedenen Perspektiven verschiedener kultur- und gesellschaftswissenschaftlicher Fcher Schlaglichter auf Forschungen, die mit Tabus umgehen und umgehen mssen. Sie geben so einen Einblick in aktuelle Aushandlungen zwischen dem Tabuisierten und dem Nicht-(Mehr)-Tabuisierten.