Transzendenzverlust und Melancholie

Die wissenschaftlichen Revolutionen, verbunden mit den Namen Kopernikus und Darwin, enthalten eine metaphysische Sprengkraft, die immer nachhaltiger in die privateste Sphre eingedrungen ist. Die Rede vom Tod Gottes ist keineswegs nur eine akademische Frage. Die Emanzipation aus religiser Bevormundung wird heute zunehmend infrage gestellt, denn mit ihr ging ein kollektive und individuelle Gewalterfahrungen transformierender Behlter verloren. Der Prozess der Skularisierung enthlt eine Dialektik, deren Schattenseite zunehmend gesprt und als Psychopathologie erlitten wird. Dieser Transzendenzverlust steht in Verbindung mit Depressionen und Schten. Frher war Wissen um Lebenstatsachen in der Sprache der Religion aufbewahrt; heute begreift man, dass deren Gehalt - wir zehren immer noch davon - nicht schadlos suspendiert werden darf. Man hat begonnen, dieses Wissen in eine nichtreligise Sprache zu bersetzen. Dieser Aufgabe widmet sich auch dieses Buch, eingebunden in eine kohrente Kulturtheorie und mithilfe der Sprache der Psychoanalyse, die dafr die reichhaltigste Semantik besitzt.