Verstmmelte Krper?

Verstmmelte Krper? Kastratensnger standen bislang vor allem im Mittelpunkt des Forschungsinteresses der Musik- und Theaterwissenschaften. Dabei wurden vor allem ihr Wirken auf den Bhnen des italienischen Musiktheaters des 17. und 18. Jahrhunderts oder die Rezeption der hohen Mnnerstimme auf das barocke Publikum beleuchtet. Die vorliegende geschichtswissenschaftliche Studie konzentriert sich hingegen auf die Personen als soziale Akteure in der Sptphase dieses Phnomens im 18. und frhen 19. Jahrhundert, wobei exemplarisch vier mitteleuropische Frstenhfe (Wien, Mnchen, Dresden, Stuttgart) in den Blick genommen werden. In detaillierten Analysen der Lebenswelten des Hofes und der Residenzstadt fchert die Autorin auf, welchen hohen Stellenwert Kastratensnger innerhalb der hfischen Machtreprsentation bis zum Schluss besaen, wie sie sich innerhalb hfischer Anstellungsstrukturen immer wieder erneut positionierten, mit den Bewohnern der Residenzstdte interagierten und welche wichtigen Rollen sie gegenber Familienangehrigen einnahmen. Insbesondere durch die Untersuchung des individuellen Umgangs mit dem vermeintlichen krperlichen Defizit kann sie zeigen, dass die Annahme, Kastraten seien in der Endphase ihres Bestehens grundstzlich als defizitre "verstmmelte Krper" wahrgenommen worden, revidiert werden muss. Auf diese Weise leistet die Autorin einen innovativen Beitrag zur Kultur- und Geschlechtergeschichte am bergang von der Frhen Neuzeit ins 19. Jahrhundert.