Was einmal war

Unser kollektives Gedchtnis in Form von Mythen, Sagen und Mrchen reicht zurck bis in die Vorgeschichte. Eine Mythe ber die Entstehung der Erde ist mehr als zehntausend Jahre alt - sie stammt aus der Zeit, als die Vorfahren der Indianer ber die ehemalige Landbrcke Beringia von Asien nach Amerika wanderten. Diese Mythe war in verschiedenen Fassungen ber ganz Asien verbreitet und wurde im Herzen Europas so erzhlt wie in den Wigwams der Stmme, die die Nachkommen der ersten Einwanderungswelle aus Asien waren: Tiere tauchen zum Meeresgrund, bringen von dort Erde und breiten diese auf der Wasseroberflche aus. In der ltesten Schicht der ukrainischen Weihnachtslieder sind es drei Tauben, bei den Cree-Indianern sdlich der Hudson-Bai war es die Muskatratte.

Ungeahnt viele berlieferungen beziehen sich auf lngst vergessene Bruche: die Saligen-Ehe - die archaische Jugendweihe - die scherzhafte Prfung des Brutigams, ob er die Braut erkennt. Von diesen wird die Jugendweihe im vorliegenden Buch ausfhrlich dargestellt, in mehreren Texten, denn alle unsere Vorfahren sind durch ihre Martern gegangen: Wir begleiten den Helden des Mrchens zum Nabel der Erde, in den Garten des Zauberers und in das Schloss mit unsichtbaren Dienern. Andere hier geschilderte Bruche waren in lndlichen Gegenden bis in die nahe Vergangenheit lebendig: der Mdchenmarkt - die Nachbarschaftshilfe - die Gabenhochzeit.

Das Buch umfasst 70 Texte; es fhrt bis in die nahe Vergangenheit. Der letzte Text wrdigt den vormals blichen Brauch, dass alle Hochzeitsgste eine Geschichte erzhlen, in der eine Lehre fr das Brautpaar enthalten ist. An diesen Brauch knpft die Handlung des stark zerzhlten Mrchens vom getreuen Johannes an. Er verdient es, neben die Gabenhochzeit gerckt zu werden, bei der Verwandte, Nachbarn und Bekannte das Brautpaar reichlich beschenkten und ihm auf diese Weise ermglichten, vom ersten Tag an ein materiell abgesichertes Familienleben zu fhren.