Wissenschaft und Markt um 1900

Die vorliegende Studie stellt die Verlagspolitik des wilhelminischen Unternehmers Walter de Gruyter ins Zentrum ihrer Analyse. Als einer der ersten Verlagsunternehmer konzipierte Walter de Gruyter (1862-1923) sein Unternehmen als einen Zusammenschlu aus mehreren, unter eigenem Namen firmierenden Verlagen, beginnend mit dem Erwerb des eingesessenen Berliner Hauses Georg Reimer im Jahr 1898, dem er nach und nach noch die Firmen J. Guttentag, Karl J. Trbner, Gschen sowie - allerdings erst im Jahr 1919 - Veit & Co. an die Seite stellte. Als modernes, auf Expansion ausgerichtetes Verlagskonglomerat steht dieses Unternehmen fr einen Strukturwandel im Wissenschaftsverlagswesen um 1900, welcher jedoch nur analog zu den Vernderungsprozessen in der Wissenschaftskultur dieser Zeit beschrieben werden kann. So wird nicht nur die politische, an "liberalen" Normen ausgerichtete Handlungsorientierung des Verlegers untersucht, sondern auch seine Vernetzung in den professionellen Standesvereinigungen sowie seine durch die eigene soziale Verankerung im Unternehmertum des Ruhrgebietes geprgte, gleichwohl den Usancen des traditionsbezogenen deutschen Buchhandels Rechnung tragende Verlagsstrategie. Mit der Gre des Verlagsunternehmens wuchsen auch Einflu und Bedeutung von Lektoren und Verlagsdirektoren; drei Karrierewege von Verlagsmitarbeitern werden exemplarisch beschrieben, um so auch die Verbindungen des Verlagshauses zu den intellektuellen Milieus des spten Kaiserreichs nachzuzeichnen. Darber hinaus wird anhand einiger groer Verlagsprojekte der Wandel im Kommunikationssystem der Wissenschaften, in die die Verlage fest eingebunden waren, analysiert. Hier stehen die populrwissenschaftliche Reihe Sammlung Gschen, die groe Kant-Ausgabe der Preuischen Akademie der Wissenschaften sowie das Editionsprojekt der Deutschen Sdpolarexpedition exemplarisch fr die Neu- und Umordnungsprozesse von Wissen und Wissenschaft um 1900.