Drachenkampf und Sonnenfrau

In einzigartiger Weise kommt das Mythische in der Johannesapokalypse zur Darstellung. Alle bisherigen exegetischen Versuche, den absichtsvoll gestalteten Rckgriff auf weit verbreitete Mythologeme literarkritisch bzw. durch Quellenzuschreibungen aufzulsen oder gar zu entmythologisieren, drfen jedoch aufgrund immer neuer Aporien in der Auslegung inzwischen als gescheitert angesehen werden. Deshalb ist der lngst etablierte Mythosbegriff insbesondere mit Blick auf das in ihm bereitgestellte Denkangebot sowie hinsichtlich seiner Pragmatik hermeneutisch neu zu berdenken. Eine wichtige Vorentscheidung bildet dabei die rezeptionssthetische Einsicht, da zwischen Textgestaltung und Wirkung ein unmittelbares Entsprechungsverhltnis besteht, womit der Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des apokalyptischen Textes eine entscheidende heuristische Funktion zukommt. Die mythische Ausgestaltung der Johannesapokalypse kann darber hinaus weder als ein Zufallsprodukt noch als ein bloer Zusatz des urchristlichen Verfassers erachtet werden. Vielmehr zeigt Michael Koch am Beispiel von Kapitel 12 paradigmatisch fr die gesamte Johannesapokalypse, in welcher Weise das neutestamentliche Buch "mythisch" gestaltet ist und welche Bedeutung diesem Phnomen fr den Aufbau des Buches einerseits sowie fr die Wirkung auf den Leser andererseits zukommt. So kann der Mythos bezglich seiner inner- wie auerliterarischen Funktionen neu bestimmt werden, ohne jedoch vorschnell entmythologisiert oder vereindeutigt zu werden.