Goldenes Zeitalter der Stagnation?

Die Amtsjahre Leonid I. Brenevs prgte ein Widerspruch: Auf der einen Seite wollte die politische Fhrung durch "Vertrauen in die Kader" und eine "Politik der Normalitt" nach Nikita Chruevs sprunghafter Politik eine neue Phase der Stabilitt und Berechenbarkeit einluten. In der Erinnerung vieler sowjetischer Brger gilt die Brenev-ra darum rckblickend als "Goldenes Zeitalter" mit steigendem Lebensstandard. Auf der anderen Seite fand sich die sowjetische Gesellschaft in einer Phase beschleunigten sozialen Wandels wieder. Zeitgleich versagten Legitimationsmuster, konomische Steuerung und politische Entscheidungsfindung in einem solchen Mae, dass die Reformbedrftigkeit der sowjetischen Ordnung allzu deutlich wurde und sich Ende der 1970er Jahre eine Kommunikation ber ihre Defizite und mgliche Alternativen etablierte. Die Antwort der Brenev-Fhrung war eine noch strkere Selbstvergewisserung: Fr die eigene Stabilitt und Normalitt nahm sie ein eingeschrnktes Sichtfeld in Kauf. Der Sammelband thematisiert die fr die sowjetische Ordnung dieser Zeit prgende "Hyperstabilitt" in Fallbeispielen zu Groprojekten, stadtplanerischen Projekten, Dissidenten, Knstlern und auenpolitischen Experten. Der Band fragt nach Spezifika der Brenev-ra, zeigt neue Forschungsperspektiven auf und setzt sich kritisch mit ihrer traditionellen Bewertung als "Zeitalter der Stagnation" auseinander. Seine Perspektive auf die Wechselverhltnisse von internen Prozessen und transnationaler Verflechtung leistet einen Beitrag zum neu erwachten Interesse an den 1970er Jahren als einer Periode tiefgreifenden sozialen Wandels in West und Ost.