Gottesbewutsein

Christian Noack legt seiner Studie die formgeschichtliche Beobachtung zugrunde, da die drei groen exegetischen Schriftenreihen Philos jeweils einen anderen soziokulturellen 'Sitz im Leben' haben. Er interpretiert die 'Expositio Legis' als Dokument einer politischen Missionstheologie, die sich an die jdische wie auch nichtjdische ffentlichkeit richtet und aus Synagogenvortrgen hervorgegangen ist. Die 'Quaestiones et Solutiones' versteht er als ein Werk, das zwischen unterschiedlichen weisheitlichen Schulmilieus vermittelt und fr die mystische Allegorese wirbt. Den 'Allegorischen Kommentar' deutet er als Dokument einer esoterischen Schultradition, die anspruchsvolle exegetische und philosophische Kenntnisse voraussetzt und kritisch reflektiert. In drei exegetischen Analysen zeigt Christian Noack, da jede Kommentarreihe ein besonderes soteriologisches Profil besitzt. Die soteriologische Funktion der 'Expositio Legis' liegt in der ffentlichen Werbung fr ein monotheistisches Gottesbewutsein. Mystische Erfahrungen werden mit einer synergistischen Tendenz dargestellt, um sie vor dem Forum der hellenistisch-rmischen ffentlichkeit als vernnftig erscheinen zu lassen. Die 'Quaestiones et Solutiones' haben die soteriologische Aufgabe, zu mystischen Allegoresen hinzufhren, in denen Philo ekstatische Erfahrungen beschreibt, die mit dem Begriff 'monadisches Gottesbewutsein' charakterisiert werden knnen. Die soteriologische Funktion des 'Allegorischen Kommentars' besteht darin, in eine nichtekstatische Mystik der Gotteshingabe einzuben, in der die geschpfliche, auch leibliche Wirklichkeit ganz aus Gott heraus erfahren wird. Philo arbeitet dabei mit einem macht- und vernunftkritischen Bewutseinsdualismus. In diesem Dualismus stehen sich ein sich selbst absolut setzendes Ichbewutsein und ein von Gott gesetztes und auf Gott ausgerichtetes Gottesbewutsein unvershnlich gegenber.