Keine Vernunft ohne Emotionen

Ein fnfjhriges Mdchen sitzt zerknirscht am Fue einer Treppe, den Kopf in die Hnde und die Ellenbogen auf die Knie gesttzt. Ihre Haltung ist gebckt und ihre Mundwinkel fallen nach unten wie ihre zierlichen Zpfe. Kein gesunder Mensch hat Schwierigkeiten dabei sich vorzustellen, in welcher Gefhlslage sich das kleine Mdchen gerade befindet. Doch worin liegt diese Sicherheit im Umgang mit unseren Mitmenschen begrndet? In den Informationen, die wir aus ihrem Verhalten, der Mimik und ihrer Haltung ziehen? Demnach wrden wir Menschen also jedes Mal, wenn wir uns in unsere Mitmenschen einfhlen", eine rationale Verstehensleistung erbringen, zu der wir erst fhig werden, wenn wir zu sprechen und abstrakt zu denken gelernt haben.
In diesem Buch wird entgegen solcher, vor allem in den Naturwissenschaften weit verbreiteten Annahmen, eine Theorie des Geistes entwickelt, die den beim Menschen einzigartigen Entwicklungsprozess ins Zentrum des Interesses rckt. Demnach haben wir es in erster Linie nicht unserem Gehirn zu verdanken, dass wir keine Probleme damit haben, uns in die Gefhlswelt anderer hineinzuversetzen, sondern unserem Krper. Denn krperlich empfinden und verstehen wir die Welt zu einem gewissen Grad bereits bevor wir denken und sprechen knnen und diese tiefgreifende Gewissheit begleitet uns unser ganzes Leben hindurch. Es sind die Emotionen, die der Stoff unserer Gefhle, Erinnerungen und unserer gesamten Persnlichkeit sind. Ein Grund mehr davon abzulassen Antworten auf Vorstellungen wie das Selbst, den freien Willen und das Bewusstsein lediglich im Kopf zu suchen, denn dieser wre nichts ohne einen empfindenden Krper und dieser wre nichts ohne die Gemeinschaft mit anderen empfindenden Krpern. Mit dem Versuch der berwindung dieses traditionellen dualistischen Schemas von subjektiver Innenwelt und intersubjektiver Auenwelt ist dieses Buch einem alten Problem der Philosophiegeschichte auf der Spur und navigiert den Leser dabei durch ein regelrechtes