Obliegenheiten und Nebenpflichten

Obliegenheiten sind Verhaltensanforderungen. Es gibt sie in vielen Bereichen, z.B. Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers, Erwerbsobliegenheiten des Unterhaltsschuldners oder sogenannte Mitwirkungsobliegenheiten. Seit der Schrift von Reimer Schmidt (1953) herrscht die Auffassung vor, dass Obliegenheiten keine "echten" Rechtspflichten sind. Man spricht berwiegend von "Pflichten minderer Zwangswirkung", "Voraussetzungen fr den eigenen Rechtserhalt" und "Verschulden gegen sich selbst". Undifferenziert wird oft behauptet, der Berechtigte habe kein Interesse an der Erfllung der Obliegenheiten. Als Konsequenz finden die Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts keine Anwendung. Ursprnglich wurde diese Obliegenheitstheorie vom Reichsgericht zugunsten des Versicherungsnehmers anerkannt, der nicht fr das Verschulden Dritter einstehen und dadurch den Anspruch auf die Versicherungsleistung verlieren sollte. Dieser Vorteil wurde jedoch durch die an die Stelle des 278 BGB gesetzte Reprsentantenhaftung eingebt. Die Bedeutung der Obliegenheiten ist nach wie vor ungeklrt. So hielt der EuGH jngst Schadensersatzansprche bei Verletzung von Belehrungsobliegenheiten grundstzlich fr mglich. Deshalb werden diese seither doch als "echte" Pflichten qualifiziert, statt die theoretische Behandlung zu berdenken. Dies fhrt zu Zirkelschlssen in der herrschenden Meinung, weil es an einer dogmatischen Grundlage fehlt. Susanne Hhnchen untersucht die Funktionen der einzelnen Obliegenheitstatbestnde, die jeweilige Interessenlage sowie die Entwicklung der Ansichten zur "Rechtsnatur" und kommt so zu einem differenzierenden Ergebnis.