Prsidentialismus in Lateinamerika

Seit gut zwei Jahrzehnten hat das allgemeine Interesse an den politischen und soziokonomischen Prozessen in Lateinamerika stetig abgenommen. Auch als Forschungsgegenstand ist Lateinamerika immer mehr in den Hintergrund gerckt. Whrend die Lateinamerikaforschung in den 1980er Jahren im Zuge der Re-Demokratisierung des Kontinentes ihre Hochphase erlebte, wurden seit 1989 durch den Zerfall des bipolaren Weltsystems besonders in Europa neue Forschungsakzente gesetzt. Dennoch erweist sich Lateinamerika bis heute vor allem fr die vergleichende Regierungslehre als ein hochinteressantes Forschungsfeld. Keine andere Weltregion gleicht Europa und Nordamerika bezglich der politischen, rechtsstaatlichen und kulturellen Realitt so stark wie Lateinamerika. Trotz der gemeinsamen Kolonialgeschichte haben sich die nach dem europischen und vor allem nordamerikanischen Vorbild geschaffenen Regierungssysteme im regionalspezifischen Kontext gnzlich unterschiedlich entfaltet. Auch innerhalb Lateinamerikas weisen die verschiedenen politischen Regierungssysteme sehr unterschiedliche Ausprgungen auf. Dennoch zeichnen sich alle lateinamerikanischen Lnder durch ein spezifisches institutionelles Merkmal aus: Lateinamerika ist die Region der Prsidialdemokratien.
Die vorliegende Arbeit beschftigt sich mit dem Wesen des Prsidentialismus in Lateinamerika. Dabei stellt sich die grundlegende Frage nach dem Charakter der lateinamerikanischen Prsidialdemokratien: Handelt es sich in Lateinamerika um einen regionalspezifischen Prsidentialismustypus mit einheitlichen Merkmalen oder lsst die groe Anzahl an lnderspezifischen Systemmerkmalen eine derartige Vereinheitlichung nicht zu? Fr die Untersuchung dieser Frage werden zwei unterschiedliche Politikebenen betrachtet. Im ersten Teil sollen anhand einer verfassungsrechtlichen Analyse die formalen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen lateinamerikanischen Regierungssysteme herausgearbeitet werden. Der zweite Teil konzentriert