Rhetorik als Vernunftgebrauch

"Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte." und "Bei einer Rede kommt es vor allem auf die Art und Weise des Vortrages an.", das sind zwei der Mythen, denen in diesem Buch fast beiläufig zu Leibe gerückt wird. Nicht besser ergeht es populären Meinungen wie, Rhetorik sei vor allem eine Sache der Körpersprache und gute Rhetorik könne man bei Dampfplauderern und Selbstvermarktern studieren. Der Autor holt die Rhetorik aus der Welt des Marketing-Geplappers und des Polit-Talks zurück in die Sphäre des praktischen Philosophierens. Die Rhetorik ist für ihn ein Denkwerkzeug, das gebraucht wird, um bei der Suche nach Wahrheit und Weisheit zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Entsprechend sind "Argument" und "Argumentation" zentrale Begriffe des Textes. Dessen Themen sind weit gespannt. Der Bogen reicht von den Erklärungsnöten Galileis bis zu absonderlichen Angeboten bei ebay. So wird dargelegt, wie einerseits rhetorische Mittel sogar innerhalb der exakten Wissenschaften eine bedeutende Rolle spielen, dass andererseits prinzipielle moralische Differenzen niemals mit Argumenten allein auflösbar sind.Breiten Raum nehmen Überlegungen ein, wie man als Redner Geschwätz vermeidet und woran man als Hörer Geschwätz erkennen kann. Dazu wird die ganze Breite der Argumentationsformen untersucht. Das geht vom streng logischen Schließen bis zum Erzählen von Geschichten. Für jeden Typ Argument beantwortet der Autor zwei Fragen: Ist dieses Argument logisch zwingend? Und: Ist dieses Argument psychologisch wirksam?Im zweiten Teil des Buches - dem Kursus - erhält der Redner Hinweise, wie er seine Hörer auch mit anspruchsvollen Inhalten erreichen kann. Dazu wird viel Hintergrundwissen bereitgestellt, was die kreative Anwendung dieser Hinweise erleichtern dürfte.Wer eine Sammlung einfacher Rezepte sucht, wird wohl enttäuscht werden. Wer dagegen besser verstehen will, wie Sprache, Denken, Wirklichkeit zusammenhängen und was daraus für Kommunikation und Diskurs folgt; wer die Freuden des selber Denkens sucht, der wird fündig werden. Zumal das alles ohne Heilsversprechen abgeht, dafür mit gelegentlichem Tiefgang und oft wohltuend hemdsärmelig.