Wir aen sie roh

Menschen auf dem Weg nach oben. Ein New Yorker Richtfest soll fr zwei Frauen und zwei Mnner nur ein weiterer Baustein in ihrer Karriereplanung werden. Doch bei der Auffahrt zum Dach bleibt pltzlich der Aufzug im Schacht des Wolkenkratzers stecken. Die metallene Box, in der sich die beiden ungleichen Paare eben noch mit anspielungsreichen Zynismen eindeckten und mit derben Frotzeleien die Zeit vertrieben, sie wird schnell zu einem albtraumhaften Kfig, den die vier im Angesicht des nahenden Todes als endzeitliche Bhne bespielen. Doch wo verliert sich in diesem letzten Schaukampf der verletzten Eitelkeiten die Realitt? Und wo bildet sich in der wilden Fiktion aus dem Trauma des Verdrngens jetzt der Nukleus von Menschlichkeit heraus?

Thomas Herget lsst Upper Class People hoch ber den Straen von Downtown Manhattan ber sich selbst richten und in eine dampfende Crime-Soap an der mexikanischen Grenze hinabtauchen. Doch hier wirkt der surreale Grusel, in den sich das todgeweihte Quartett immer lebhafter hineininszeniert, nur abstrakt luternd. Die konkrete Darstellung der inneren Leere, die sich explizit in den skurrilen Machtansprchen der beiden Frauen spiegelt, offenbart dabei die Vermeidungsstrategien aller Figuren, sich einer offenen Aussprache zu stellen. Die stndige Behauptung einer Moral, die hier nur als ein quasireligiser Fetisch taugt, zeugt von der Perfidie dieser absurden Dramatik, Besitz- wie Rechtsansprche ber den Tod hinaus geltend zu machen.

"Wir aen sie roh" ist ein irrer Spa und eine dstere Farce zugleich. Der Autor schrieb das Stck unter dem Eindruck des Coronavirus-Schocks, ohne dabei den weltumspannenden Pandemie-Marathon explizit zu thematisieren oder zum Leitmotiv zu erheben. Entstanden ist ein allegorisches Drama ber die Einsamkeit von Menschen in digitalen Zeiten, Theater ber die Unmglichkeit, in urbanen Zerstreuungswsten so etwas wie Nhe zuzulassen.