Die Ostkirche betet

Es sind Hymnen, in denen das ganze Unglck der Gottesferne, der Angstschrei der sndigen, der Erlsungsjubel der bekehrten Seele mit berauschender Beredsamkeit, durchglht von einer Leidenschaft, die sich bis zu lebendigster Dramatik steigert, ergreifend geschildert wird.

Aus Gottes- und Herzenstiefen kommen diese Hymnen, und weil sie Offenbarungen, Gnade Gottes sind, Intuition, Schau von Heiligen und Gottvereinten, weil sie aus Gott kommen, darum sind diese Dichtungen so gottbegeistert, durchglht von heiligem Feuer. Aus Tiefen kommen diese Hymnen, bis in die Tiefen wollen sie dringen, zur Hhe erheben, und die Tiefe wird sich ffnen dem Strom, der sie durchrauscht, die Knospe sich ffnen dem Licht, die Ebene sich ffnen dem Hauch des Windes, damit dieser hineinfhrt in jeden Halm, in jeden Strauch. Dann fhlen wir uns erschttert bis in die Tiefe, dass unser ganzes Wesen davon zittert und widerhallt; wir sind berckt, ergriffen, gelutert (Katharsis!) von Gottes Hand, die uns hinausheben will ber uns.

Aus der Vorrede von Kilian Kirchhoff


Kilian Kirchhoff, spezialisiert auf die bersetzung byzantinischer religiser Texte, wurde wegen einer Denunziation vor den Volkgerichtshof gebracht und trotz des Protestes einer Reihe namhafter Wissenschaftler 1944 hingerichtet.